Homeoffice als Risiko?
Im September 2019 hat das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) Teile der Ergebnisse einer Befragung im Rahmen des Fehlzeiten-Reports 2019 (erscheint im Nov. 2019) veröffentlicht, in welcher Homeoffice auch als Risikofaktor behandelt wird (hier der Artikel in der Süddeutschen dazu).
Was ist Homeoffice?
Homeoffice, zu Deutsch eigentlich Telearbeit genannt (engl. work from home), bedeutet im Kern nichts anderes, als an einem Ort zu arbeiten, der nicht das eigene Büro bzw. der vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellte Arbeitsplatz ist. Telearbeit kann sehr unterschiedlich gestaltet sein, weil auch hierbei eine zeitliche Strukturierung möglich ist, ebenso wie die Verpflichtung, bestimmte Medien zu nutzen.
Die Herausforderungen an den Arbeitgeber stellen sich dabei zuerst, denn dieser muss die notwendige Infrastruktur auch im Betrieb schaffen, sodass die Beschäftigten in der Telearbeit auf alle benötigten Informationen zugreifen können. Daneben ergeben sich für den Arbeitgeber vor allem Vorteile bei der Ressource „Arbeitsraum“, indem weniger (Büro-)Fläche für Beschäftigte vorgehalten werden muss.
Positive und negative Effekte
Auch zeigten erste Studien, dass von zu Hause arbeiten i.d.R. einen positiven Effekt auf die Produktivität der Beschäftigten hat (vgl. Bloom et al. 2015). Daneben fühlten sich die Beschäftigten autonomer und empfanden eine gestiegene Lebensqualität.
Doch in derselben Studie wurden bereits Probleme formuliert, indem zuvorderst eine empfundene Isolation genannt wurde. (Im selben Zusammenhang kann das Moment der interkollegialen Kommunikation gesehen werden, indem der Austausch zwischen den Beschäftigten, der direkt und persönlich und nicht über Medien getätigt wird, tendenziell für ein besseres Arbeitsklima sorgt.)
Die o.g. Studie des WIdO ergänzt nun die negativen Effekte in Verbindung zur Produktivität, denn offenbar wird letztere durch den Bruch von Richtlinien des Arbeitsschutzes erreicht. Arbeitnehmer*innen scheinen im Homeoffice ein gestiegenes Gefühl der Unsicherheit in der Wahnehmung ihrer Leistung zu verspüren und diese durch eine Steigerung in der Arbeitsleistung zu kompensieren.
Anders gesagt: Mittel- bis langfristig werden so die Leistungssteigerungen durch eine zunehmende Beeinträchtigung der Gesundheit der Beschäftigten durch diese selbst erkauft.
Das lässt auch den Arbeitgeber nicht aus der Verantwortung.
Risikomanagement im Homeoffice
Gerade, dass Beschäftigte im Homeoffice öfters von Vorgesetzten auch nach den üblichen Arbeitszeiten kontaktiert werden, konterkarriert den Arbeitsschutz – und die Autonomie der Beschäftigten.
Und was die Beschäftigten selbst angeht, sollte auch hier der Arbeitgeber vorbeugen. Denn längerfristige Einschnitte in der Leistungsfähigkeit haben schwerwiegende Auswirkungen auf die Funktionalität des Betriebs.
Eine risikosensible Schulung der Beschäftigten zum Verständnis von Homeoffice wäre ein erster Schritt zum verantwortungsvollen Umgang mit dieser (nicht mehr ganz so neuen) Form der Arbeit. Etwa, dass Homeoffice nicht gleichzusetzen ist mit ständiger Erreichbarkeit auch über die Kernarbeitszeiten hinaus.
Auch sollte mittels (regelmäßigen) Terminen am Unternehmensstandort – also mit persönlichem Kontakt – eine Rückversicherung dieses Umgangs stattfinden. Nicht zuletzt sollten auch die Führungskräfte aufgeklärt werden, die in der Verantwortung für die Achtung des Arbeitsschutzes stehen.
Zugleich können moderne Zeiterfassungssysteme einen Anstieg der Überstunden leicht dokumentieren und diese sodann als Indikator herangezogen werden – wenn sie verantwortungsvoll genutzt und nicht umgangen werden.
Vertrauen
Letztlich ist Telearbeit eine Form des Vertrauens zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Dieses liegt nicht nur im Umstand begründet, dass vertraut wird, die gesteckten Ziele zu erreichen. Sondern auch und gerade, dass vertrauensvoll mit der eigenen Arbeitskraft umgegangen wird, um ebendiese Ziele langfristig nicht zu gefährden.
Die Bildung als auch Rückversicherung dieses Vertrauens liegt zuvorderst in der Verantwortung des Arbeitgebers, sodass Telearbeit nicht zu einem signifikanten Risikofator wird.